Brasilien Teil: 3

Auf Jaguar-Tour im Pantanal

(07.- 09. August 2019)

Brasilien - Region Mato Grosso (07.- 08. August 2019)

 

Auf Jaguar-Tour im Pantanal

 

Anfangs waren wir nicht sicher, ob wir wirklich die Möglichkeit hätten, einen Jaguar in freier Wildbahn zu sehen. Denn um diese eleganten Raubkatzen zu entdecken, muss man zum einen weit in das Gebiet des Pantanal vordringen und zum anderen tief in die Geldbörse greifen. Für Elli und mich war deshalb klar, der Jaguar ist passé.

 

Doch Christine ließ nicht locker und wollte ihren großen Traum, einmal im Leben diese wunderschönen Tiere in freier Wildbahn zu sehen nicht aufgeben. Tagelang verhandelte sie deshalb mit Traudi, die uns am Ende wirklich eine spitzenmäßige Tour zu den Raubkatzen organisierte und zu der Christine uns Radmiezen noblerweise auch noch einlud. 

Um 3.00 Uhr in der Früh klingelte unser Wecker im Zimmer der Piuval-Lodge. Wir duschten, machten uns fertig und trafen uns gegen 3.30 Uhr im Restaurant mit Traudi. Wie sie erzählte, hatte sie in der Nacht kaum geschlafen. Für die dreistündige Fahrt im Geländewagen entlang der Transpantaneira nach Porto Jofre, bekamen wir Sandwiches, Bananen und Säfte in die Hand gedrückt. Unser Fahrer namens Edzo verstaute das Gepäck auf der Ladefläche des Wagens, bevor wir gegen 4.00 Uhr starteten. Es war noch stockdunkel und wir todmüde. Trotz der Rüttelei auf der staubigen Piste, fielen uns auf der Fahrt immer wieder die Augen zu. Auf dem Weg nach Porto Jofre überquerten wir unzählige zusammengeschusterte und wenig vertrauenswürdige Brücken. Nach rund 3 Stunden Fahrt, erreichten wir schließlich bei Tageslicht den kleinen Ort Porto Jofre, am Fluss Cuiabá. Während unser Fahrer das Gepäck schon auf dem Speedboot verstaute, zeigte Traudi uns noch ein weiteres Pärchen Hyazinten-Aras das ganz in der Nähe vom Fluss sein Nest hatte. Noch bevor wir in das Speedboot stiegen zogen wir uns warm an, denn inzwischen schien zwar die Sonne, aber die Luft war kalt.

Der Pilot des Bootes das uns tiefer in den Sumpf brachte hieß Salid. Salid ließ den Motor des Speedbootes kurz aufheulen und schon ging’s los. Das Wasser spritzte. Die Haare wehten im Wind. Auf ins Pantanal...

 

Nur rund fünfzehn Minuten rasten wir in dem Boot über den breiten Fluss, dann hatten wir auch schon das riesige Hausboot, auf dem wir die Nacht verbringen würden erreicht. Die „Millennium“ glich jedoch weniger einem Hausboot als einem riesigen Schiff. An Bord des luxuriösen Dampfers wurden wir von der sehr zuvorkommenden und überaus aufmerksamen Besitzerin mehr als freundlich begrüsst. Unverhofft erwartete uns nun der pure Luxus. Selbst Traudi musste staunen. Unter den Gästen des Schiffes befanden sich Biologen, Ornithologen und Naturliebhaber aus aller Welt. Man konnte das viele Geld förmlich riechen. Nachdem wir in der Kabine unser Gepäck abgestellt hatten ging es mit dem Speedboot weiter.

Einsatz für Cobra 11. 

Mit wehenden Haaren zum Tatort Jaguar. (Pantanal)

Operation Jaguar: Hupfdolen Undercover

Traudi und Salid waren ein professionelles und eingespieltes Team. Vom ersten Moment an hielten sie Ausschau nach Jaguaren und anderen Tieren. Inzwischen war es heiß und die Sonne brannte vom Himmel, doch die Fahrt im Speedboot war einfach geil. Das schlanke, kleine Boot legte sich scharf in die Kurven und wir jedesmal mit. Der warme Wind wehte uns dabei straff um die Ohren. Während Elli und Christine damit beschäftigt waren ihre Hüte festzuhalten damit sie nicht baden gehen, konnte ich mir ein freudiges juchzen und jubeln nicht verklemmen. 

Auf dem Boot gab es ein Sprechfunkgerät, sodass sich die einzelnen Piloten auf der Suche nach Jaguaren austauschen konnten. Wurde in dem Gebiet irgendwo ein Jaguar gesichtet, wurde es den anderen Booten mitgeteilt. Wenn dann eine solche Nachricht eintraf drehte Traudi sich zu uns um und fragte: Gehn wa? und wir antworten: Na klar!!!

 

Wir fühlten uns wie in der Serie „Alarm für Cobra 11“. Salid gab Vollgas und raste mit uns zum Einsatzort. Dabei rauschten wir vorbei an dicht bewaldeten Ufern, Sandbänken an denen sich fett gefressene Kaimane sonnten und an Wasserschweinen die sich im braunen Wasser des Cuiabá tummelten. Der große Fluss hatte viele schöne Nebenarme. Während Salid uns langsam durch die schmalen Gewässer manövrierte, verteilte Traudi Kaffee. Wir beobachten jede Menge Vögel, große Kaimane oder bestaunten einfach nur die unglaublich schöne, üppige und farbenprächtige Natur. 

Wir schipperten gerade gemächlich über den Fluss, als plötzlich ein Funkspruch eintraf. Ein Jaguar war gesichtet worden. Salid gab daraufhin Vollgas. Als wir nach einigen Minuten Raserei am Tatort eintrafen, waren schon jede Menge anderer Boote vor Ort. Fotografen und Kameraleute, deren Objektive so groß waren das man fast Angst bekam, rangelten um die Pole-Position für die perfekte Aufnahme vom Tier. Mit ihrer getarnten Kleidung und der krassen Ausrüstung sahen die Fotografen oft aus als würden sie in den Guerillakrieg ziehen. Doch Traudi und unser Pilot Salid waren von all dem wenig beeindruckt. Permanent hatten sie den richtigen Riecher und das richtige Gespür. Ganz nach dem Motto „Amateur vor Profi“ platzierte Salid uns jedesmal geschickt und gekonnt in der ersten Reihe. Nachdem am Tatort des Geschehens nach und nach mehr Boote eintrafen, sich der Jaguar trotz des vielen Publikums aber nicht mehr zeigte, entschieden Traudi und Salid es besser an anderer Stelle noch einmal zu versuchen. 

Jaguar-Paparazzi mit schweren Geschützen.

Wir befanden uns gerade in einem Nebenarm des Cuiabá Flusses, als Salid auf einmal abrupt den Motor des Bootes drosselte. Auch Traudi wurde nun unruhig. Gespannt starrten wir alle in die Büsche und lauschten in die Stille. Und dann war es soweit... Majestätisch zeigte sich nun dicht am Ufer ein Jaguar-Männchen. Während ich aufgeregt mit meiner Kamera hantierte und Elli mit ihrem Handy ein Video drehte, saß Christine mit groß aufgerissenen Augen und offener Schnute nur da und hielt wie in Bronze gegossen Maulaffenfeil. 

Aus unmittelbarer Nähe konnten wir die Raubkatze gleich mehrere Minuten beobachten, während sie elegant und graziös am Ufer entlangspazierte. Als der Jaguar dann wieder verschwand, waren wir völlig aus dem Häuschen und Traudi schrie aus der ersten Reihe: Bingo!!!! Wir mussten laut lachen und riefen: Superbingo....!!!! 

 

Außer uns gab es beim Auftauchen der Raubkatze nur ein einziges anderes Boot. Wir hatten das wahnsinnig tolle Erlebnis also sozusagen für uns alleine.

An diesem erlebnisreichen Tag sahen wir tatsächlich noch vier weitere Jaguare. Alles Männchen. Fünf Jaguare an einem Tag!!! Und dabei heißt es doch immer es wären scheue Tiere die schwer zu sichten sind. War das also Glück oder gar Zufall? Nein, das war kein Glück, und eigentlich auch nichts Besonderes, versicherte uns Traudi, denn in ganz Südamerika gibt es keinen besseren Ort um Jaguare zu sehen.

 

Am Rio Cuiabá sind die Jaguare mittlerweile an Motorboote mit Touristen gewöhnt und lassen sie bis auf wenige Meter herankommen. Doch natürlich sollte man nicht vergessen das es Raubtiere sind, deshalb dürfen sich die Boote den Jaguaren nur mit einen Abstand bis auf fünfzehn Metern nähern.

Die Jaguare waren für uns natürlich das Highlight des Tages. Doch Salid und Traudi hielten auch permanent nach anderen Tieren Ausschau. Die beiden wussten genau wo welche Tiere im Sumpf zu finden waren. 

 

An einer hohen, sandigen, durchlöcherten und sonnigen Uferwand, hielten wir deshalb nach Schlangen Ausschau. Wir entdeckten dabei sogar gleich zwei circa vier Meter lange Anacondas. Salid fuhr mit dem Boot so dicht an sie heran, das uns dabei nicht ganz wohl war. Aus nächster Nähe konnten wir diese wunderschönen, scheuen Tiere nun beobachten, während sie sich in der warmen Sonne aalten.

Kurz vor Sonnenuntergang besuchten wir dann noch eine Familie Riesen-Otter. Diese vom Aussterben bedrohten Tiere können bis zu einem Meter lang werden. Als wir die Otter fanden, hatten sie gerade mächtig zu tun, denn zwei der Erwachsenen trugen beim Schwimmen ein Baby im Maul, während ein anderer den frisch gefangenen Fisch transportierte. Die Großfamilie hatte es scheinbar eilig. Quirlig tauchten sie beim Schwimmen auf und ab. Auf uns machte es den Anschein als kämen sie gerade vom Einkauf und müssten schnell nach hause um die Gören pünktlich ins Bett zu bringen. 

Am nächsten Tag saßen wir schon um 6.00 Uhr morgens wieder im Boot. Traudi und Salid hielten sofort wieder Ausschau nach Tieren, doch vor allem nach Jaguaren. Wir waren gespannt, ob wir auch an diesem Tag nochmals die Ehre haben würden, eine dieser imposanten Raubkatzen in freier Wildbahn zu sehen. Doch auch ohne Jaguare war es im Pantanal fantastisch.

Wieder trieben wir langsam mit dem Boot über das Wasser in einem Nebenarm des Cuiabá, als wir sahen wie Traudi immer wieder die Augen zufielen und sie dabei abnickte. Kein Wunder bei diesem straffen Programm... Auch wir waren inzwischen völlig erschöpft und groggi von all den vielen Eindrücken und fragten uns sowieso schon wie man das große Abenteuer Pantanal monatelang durchhalten kann. Doch Salid und Traudi waren absolute Profis und man hatte das Gefühl, dass ihren Adleraugen kein einziges Tier entging. 

Irgendwann ertönte auf dem Boot wieder ein Funkspruch. In einiger Entfernung wurde ein Jaguar gesichtet. Wie üblich kam von Traudi die Frage: „Wolln wa?“ und wir wie immer „Na klar!!!“. Salid gab daraufhin ordentlich Gas und „Kobra 11“ war wieder im Einsatz. Nach circa 10 Minuten erreichten wir den Tatort. Viele Boote mit schwer bewaffneten Fotografen, Filmemachern und normalen Touristen waren schon vor Ort. Das Ringen im Wasser, um die besten Plätze für das erhaschen des perfekten Foto hatte schon begonnen. 

 

Wenn die Motoren der Boote nach dem Eintreffen am Tatort abgeschaltet wurden um auf das Tier zu warten, herrschte fast gespenstige Stille. Spürbar lag extrem viel Spannung in der Luft. Als sich dann am Ufer wirklich wieder ein Jaguar zeigte, klickten die Auslöser im Dauerfeuer. Ich stand im Boot und fotografierte mit meiner kleinen Kamera fieberhaft die schöne Katze, als jemand mehrmals von hinten blaffte: „Sit down!!!“ Ein Amateurfehler meinerseits! Denn in meiner Aufregung hatte ich die Profis mit den Gewehren hinter mir völlig vergessen... :)

Wie Traudi erzählte, sind die meisten Fotografen und Filmemacher darauf aus, die Raubkatzen speziell bei der Jagd zu erwischen. Deshalb bleiben sie in der Regel meist sehr viele Stunden an nur einem Tier dran. Wenn die Katze sich dann allerdings spontan dazu entschließt ein Nickerchen im Wald einlegen, kann es auf dem Wasser schon mal ziemlich langweilig werden...

Nach einem weiteren Funkspruch hatten auch wir das unglaubliche Glück einer Jaguar-Dame bei der Jagd zuzusehen. 

Auf einer Sandbank am Ufer sonnten sich drei ahnungslose, ausgewachsene Kaimane, während sich die Raubkatze seitlich durch das Schilf an sie heranschlich. Wieder lag mehr Spannung als in einem Steven Spielberg Thriller in der Luft. Fieberhaft warteten die Zuschauer auf den Moment, in dem die Katze überraschend zuschlagen würde. Doch so ganz sicher, ob wir das schauderhafte Blutbad wirklich mit ansehen wollten waren wir eigentlich nicht, denn im Gegensatz zu anderen Großkatzen wie Löwe, Tiger oder Leopard tötet der Jaguar sein Opfer nicht mit Prankenhieben oder Bissen in den Nacken, sondern durch einen einzigen Biss in den Kopf. Zusammen mit der Katze lagen wir also einige Minuten auf der Lauer und beobachteten wie sie ihren Angriff vorbereitete. Als sie dann plötzlich zuschlug, hatte sie jedoch keinen Erfolg, denn bei ihrem Angriff war sie etwas ungeschickt und hatte zu lange gezögert. Scheinbar konnte sie sich zwischen den drei Kaimanen nicht entscheiden. Mit einem blitzartigen Hechtsprung verschwanden alle drei im Wasser. Traurig und vor allem hungrig stand das Jaguar-Mädchen nun am Ufer. Etwas verärgert über diesen Misserfolg versuchte sie stattdessen mit ihrer Pranke noch einen Vogel zu erhaschen, doch auch das gelang ihr nicht.

Anakondas im Pantal.

Auch an diesem zweiten eindrucksvollen und erlebnisreichen Tag unserer Jaguar- Tour, hatten wir insgesamt fünf Raubkatzen gesehen. Alles Mädchen! Somit hatten wir sozusagen einen Herren- und einen Damentag gehabt.

Gegen 14.30 Uhr ging es mit dem Boot wieder nach Porto Jofre und von dort aus zur zurück Piuval-Lodge. Fix und foxi erreichten wir diese bei Einbruch der Dunkelheit. Doch dieses unglaublich schöne Abenteuer im Pantanal würden wir nun unser Leben lang nicht mehr vergessen...

Brasilien - Region Mato Grosso / Pantanal (09. August 2019)

 

Der Ameisenbär 

 

Am letzten Tag unserer Pantanal-Tour machten wir nochmals eine Safari, zu der wir noch vor Sonnenaufgang aufbrachen. Christine war von den vielen Eindrücken der letzten Tage so geplättet, dass wir sie regelrecht aus dem Bett schleifen mussten, damit sie uns noch ein letztes Mal zu dieser Tour begleitet. 

Mit geschwollenen, müden Augen saßen wir um 5.30 Uhr also alle wieder auf der Ladefläche des offenen Pick Up und rüttelten mit Traudi und unserem Fahrer Ivan, auf der Suche nach einem Ameisenbär eine Piste auf der Piuval-Farm entlang. 

Der Ameisenbär war so ziemlich das einzige Tier, das Traudi uns bisher nicht zeigen konnte, deshalb gab sie Ivan Anweisung, speziell nach diesem Ausschau zu halten. Mit Scheinwerfern durchforsteten wir nun alle Wiesen, Termitenhügel und Lichtungen, doch ohne Erfolg. Kein einziger Ameisenbär wollte sich zeigen. Stattdessen sahen wir in der Ferne einen Tapir in den Wald huschen. Doch Ivan und Traudi wollten die Hoffnung nicht aufgeben. Ivan schlug deshalb vor, über die abgezäunten Wiesen, bis hin zur Transpantaneira zu fahren, da wir dort vielleicht mehr Chancen auf einen Ameisenbären hätten.

Der kleine Mann öffnete und schloss nun also mehrmals die Gatter der Viehweiden, auf denen viele hübsche Rinder mit ihren Kälbern grasten.

Die Fahrt über die weglosen Weiden glich inzwischen einem Rodeo. Etwas erstaunt darüber, wo Ivan nun mit uns Damen entlangrüttelte um einen Ameisenbären zu finden, musste auch Traudi schmunzeln. Immer wieder stieg der kleine Ivan aus dem Wagen und hielt Ausschau nach einem fahrbaren Weg und dem gesuchten Tier. Dabei legte der kleine Mann jedesmal die Flache Hand über die Augen an die Stirn und blickte wie Napoleon in die Ferne. Durch die Ironie der Situation gab es für mich irgendwann kein Halten mehr und ich verfiel deshalb in einen lauten Lachanfall. Auch Traudi und die Mädels prusteten nun los. Unter Tränen und Bauchschmerzen vom Schlapplachen, ging das Rodeo über die unwegsamen Weiden nun weiter, ganz nach dem Motto: Wenn man mit seinem Wagen unbedingt stecken bleiben möchte , dann sollte man unbedingt diesen Weg nehmen!!! Doch der Ivan buxierte uns tatsächlich tapfer durch das Gelände. Einen Ameisenbär entdeckten wir jedoch nicht mehr. Stattdessen bekamen wir zwei hübsche Kanincheneulen zu sehen.

Als wir dann irgendwann wieder die Straße erreichten, kam uns eine weitere Safari-Gruppe auf der Suche nach Kanincheneulen entgegen. Lachend und unter Tränen empfahlen wir ihnen daraufhin den Weg von dem wir gerade gekommen waren.

 

Die Suche nach dem Ameisenbär blieb für den Rest der Reise der Running Gag...