Brasilien - Region Mato Grosso (03. - 09. August 2019)
Das Pantanal
Das südamerikanische Pantanal ist eines der größten Feuchtgebiete der Erde und befindet sich im mittleren Westen von Brasilien. Mit etwa 230.000 km² ist das Gebiet mehr als halb so groß wie Deutschland. Noch immer ist das Pantanal schwer zugänglich und wenig erschlossen. Bis zu sechs Monate im Jahr steht das riesige Gebiet völlig unter Wasser. Wenn der Río Paraguay dann von Oktober bis März das Land überflutet, ist die Sumpflandschaft mit riesigen Seerosen bedeckt. In dem Labyrinth aus Flussarmen, Feuchtwäldern und Trockenzonen leben rund 240 Arten von Fischen, unzählige Reptilien sowie eine Vielzahl von Amphibien und Insekten. Circa 35 Millionen Kaimane bevölkern das Pantanal.
In diesem einzigartigen Naturparadies gibt es geschätzt rund 665 Vogelarten. Das ist mehr als im gesamten Europa. Das Pantanal hat zudem das weltweit größte Vorkommen von Hyazinth-Aras und es ist ein wichtiges Rückzugsgebiet für den vom Aussterben bedrohten Riesenotter. Unter den etwa 120 Säugetierarten befinden sich zum Beispiel Jaguar, Tapir, Riesenflussotter, Puma und Sumpfhirsche. Weiterhin gibt es mindestens 2000 Pflanzenarten. Der Riesenstorch mit dem Namen Jabiru ist das Symbol des Pantanal.
Brasilien - Pantanal (03. - 09. August 2019)
Bingo Pantanal!!! - Unterwegs mit Traudi Zobel
Als feststand das wir unsere Freundin Christine in Brasilien treffen würden, um einige Zeit mit ihr durch das Land zu reisen, machten wir uns zusammen an die Planung. Wir telefonierten des Öfteren hin und her und überlegten gemeinsam welche Gebiete in Brasilien wir bereisen und ansehen wollten. Doch eines stand fest, eine Tour durch das Pantanal würde Bestandteil unserer Reise werden.
Doch die Suche nach einem vertrauenswürdigen und professionellen Tourenanbieter gestaltete sich schwieriger als Gedacht, denn entweder waren diese ausgebucht, meldeten sich auf Anfrage nicht zurück, oder sprengten unser Budget. Aber Christine blieb hartnäckig am Ball und zog uns einen Goldfisch namens Traudi Zobel an Land...
Brasilien - Pantanal (07.- 08. August 2019)
Traudi Zobel - Schon der Name war Programm
Wir trafen die 56 jährige Traudi Zobel zu Beginn unserer Tour durch den Pantanal, zum ersten Mal in der Lobby des Amazon Plaza Hotels in der Stadt Cuiabá. Traudi ist gebürtige Brasilianerin, spricht jedoch fließend Deutsch, mit einem Akzent der einem sofort sympathisch ist. Wie wir erfuhren, wanderten ihre Großeltern 1924 von Bad Urach (in der Nähe von Stuttgart) nach Brasilien aus.
Traudi ist eine wahre Erscheinung... Markant, liebevoll, selbstbewusst, immer stark geschminkt und mit ihrer Reibeisenstimme absolut unverkennbar. Doch nicht nur das... Diese Frau ist auch extrem professionell, durchorganisiert und ein echter Kumpeltyp. 20 Jahre Erfahrung als Reiseleiterin zeichnen sie aus. Inzwischen kennt sie das Pantanal und die darin lebenden Tiere wie ihre eigene Westentasche. Selbst beim Pinkeln mit heruntergelassenen Hosen, zeigte uns Traudi noch die außergewöhnlichsten Vogelarten. Wann immer sie uns ein neues Tier zeigen konnte, rief sie fröhlich und mit rauher, lachender Stimme: Bingo Leute !!! Entdeckten sie für uns außergewöhnliche Tiere schrie sie: Superbingo!!! Und am Ende eines jeden Tages fragte sie: War schön ja?!!!, während wir lachend und laut im Chor darauf antworten: Bingo Traudi!!! Superbingo!!! Voll schön...
Solltet ihr also jemals eine Tour in das Pantanal planen, dann solltet ihr unbedingt mit Traudi fahren!!! Diese Frau ist einfach Granate und mit Herz und Seele dabei !!! Größter Spaß und viele außergewöhnliche Tiere sind an ihrer Seite vorprogrammiert !!!
Schmuckreiher, Kaiman und Jabiru-Storch.
Wir starteten unsere Tour in das riesige Feuchtgebiet auf der berühmten Transpantaneira, die etwa 145 Kilometer in den Pantanal führt. Auf dieser Straße gibt es 127 größere und kleinere Holzbrücken, die fast alle in einem abenteuerlichen Zustand sind und regelmäßig geflickt werden. Beim überqueren dieser Brücken betet man jedes Mal, dass diese nicht ausgerechnet genau in diesem Moment zusammenstürzen mögen.
Die Tour führte uns vorerst mit dem Auto Richtung Rio Claro zur gleichnamigen Lodge. Schon zu Beginn gab es rechts und links von der Transpantaneira viel zu sehen. Gelbe und rosafarbene Trompetenbäume standen in voller Blüte und waren somit ein wahrer Genuss für die Augen. Entgegen unserer Vorstellung war die Landschaft im Pantanal zu dieser Jahreszeit allerdings eher trocken und auch nicht so dicht bewaldet wie von uns zuvor angenommen.
Mit dem Wagen hielten wir immer wieder an, um diverse Vögel und Kaimane zu sichten. Zum ersten Mal in unserem Leben sahen wir nun auch die riesigen Jabiru Störche. Diese beeindruckenden Vögel mit dem markanten roten Ring um den Hals, werden bis zu 1,40 Meter groß und haben eine Flügelspannweite von bis zu 2,60 Meter.
Die wunderschön blühenden Trompetenbäume im Pantanal.
In dem riesigen Feuchtgebiet des Pantanal, trifft man die Jabiru-Störche überall.
Auf der Transpantaneira begegneten wir reitenden Gauchos, die ihre hübschen indischen Rinder die Strasse entlang trieben und dabei tolle Fotomotive lieferten. Am frühen Nachmittag erreichten wir mit dem Auto schließlich die Rio Claro Lodge und brachen von dort zu einer Bootstour auf dem Fluss auf.
Schon in der Chapada dos Guimarães hatten wir in dem klaren Wasser des „kleinen“ Rio Claro Flusses gebadet. Doch hier im Pantanal hatte der vermeintlich „kleine“ Fluss nun riesige Ausmaße bekommen und hatte mit dem Flüsschen in der Chapada nicht mehr viel gemein. Sein Wasser war nun nicht mehr klar, sondern braun getrübt.
Entspannt schipperten wir mit Traudi und unserem netten Bootsmann Walter gemächlich den Fluss hinunter. Da es an diesem Tag jedoch einen krassen Temperatursturz gab, war die Luft extrem kalt. Trotz warmer Kleidung froren wir im Fahrtwind. Doch die Tiere ließen sich von der Kälte nicht beeindrucken und so bekamen wir trotz allem viele bunte Vögel, Kaimame und Otter zu sehen.
Gaúchos und heilige Kühe auf der Transpantaneira. (Pantanal)
Irgendwann kramte Walter auf dem Boot einige tote Piranhas aus einem Eimer hervor und gab diese, aufgespießt auf einem Stock, einem hungrigeren Kaiman zu Fressen. Mit einem spektakulären und filmreifen Sprung schnappte der riesige Kaiman zu und verdrückte den Snack in Windeseile. Als wir dann auch noch die vom aussterben bedrohten Riesenotter zu sehen bekamen, waren wir mehr als begeistert. Eine zeitlang konnten wir die süßen Otter mit dem Boot verfolgen, während sie fortwährend auf und abtauchten und quirlig durchs Wasser flipperten.
Unser netter Bootsmann Walter. (Rio Claro-Lodge / Pantanal)
Am nächsten Morgen machten wir mit Traudi und Walter eine weitere Bootstour. Doch diesmal nahmen wir die Kanus und paddelten auf der Suche nach Vögeln und anderen Tieren den Fluss entlang. Gedankenverloren saß ich zusammen mit Traudi im Boot und genoss gerade die herrliche Stille und die angenehme Wärme der Morgensonne, als sie plötzlich hektisch wurde und aufgeregt meinte, dass dort in einem großen, grünen Baum ein großer, grüner Leguan sitzen würde. Vorsichtig paddelten wir dichter heran, doch noch immer konnte ich ihn nicht entdecken. Kichernd scannte ich mit meinen Augen nun das viele Grün ab, um den Leguan zu finden, während Traudi hinter mir immer fuchtiger und energischer wurde, weil ich ihn einfach nicht sah. Irgendwann entdeckten wir ihn jedoch alle und die Freude war groß. Wie Traudi dieses grüne Ding in diesem grünen Meer von grünen Blättern überhaupt entdecken konnte, blieb uns bis heute jedoch ein Rätsel.
Da issa...!!! Der grüne Leguan im grünen Blätterwald.
Die Frisur sitzt !!!
Am späten Nachmittag des gleichen Tages, machten wir einen herrlichen Reitausflug durch die savannenartige, wunderschöne Landschaft und trabten mit den Pferdchen über offene Wiesen und durch hohes Gras dem Sonnenuntergang entgegen.
Yeaha...
City Slickers unterwegs im Pantal.
Gute Laune beim Reitausflug mit Walter.
Den Abend ließen wir dann bei einer Nachtsafari ausklingen die uns Traudi spendierte. Dabei rüttelten wir auf dem Deck eines bestuhlten LKW die unbefestigte Piste entlang, während ein junger Mann der auf dem Fahrerhäuschen saß, mit einem Scheinwerfer nach Tieren Ausschau hielt. Außer Waschbären gab vorerst nicht viel zu sehen, doch auf dem Rückweg ertappten wir doch noch einen Tapir, der erschrocken durch die Büsche schlich.
In den darauffolgenden Tagen machten wir mit Traudi eine Wahnsinns Tour nach der anderen. So paddelten wir zum Beispiel in aller Herrgottsfrühe auf dem Fluss dem Sonnenaufgang entgegen.
Es war noch stockdunkel als wir gegen 5.30 Uhr in die Kanus stiegen, um uns mit noch müden Augen und warm angepellt, seicht und still auf dem Rio Claro treiben zu lassen. Ohne vieler Worte lauschten wir den Gesängen der Vögel und sahen zu, wie das Leben im Pantanal erwachte. Im ersten Licht des Tages flogen Reiher über den Fluss, während sich der Horizont langsam orange bis hellblau färbte. Im Morgengrauen sahen die Silhouetten der Bäume aus wie Scherenschnitte. Nachdem die Sonne aufgegangen war, wurde es herrlich warm. Wir paddelten zurück zur Lodge und Frühstückten gemeinsam.
Sonnenaufgang über dem Rio Claro. (Pantanal)
Nach dem Frühstück ging es in einem offenen Safari-Wagen weiter zur Piuval- Lodge und der gleichnamigen Farm. Dort angekommen brachen wir in der Hitze des Nachmittags mit Traudi zu einer Wanderung auf. Wir liefen dabei über offene Wiesen, entlang kleiner Tümpel und später durch einen dichten, tropischen Palmenwald. Eine Gruppe Kapuzineräffchen hangelte und turnte durch die Bäume, während die riesigen Jabiru-Störche hoch über ihren Köpfen, im Dach des Waldes, in ihren Nestern brüteten.
In dem warmen Licht des späten Nachmittags führte Traudi uns im Wald zu einem Hyazinthen-Ara Pärchen. Als wir diese bildschönen Vögel, mit ihrem leuchtend blauen Gefieder und den gelben Tupfern um Schnabel und Augen entdeckten, flippten wir förmlich aus. Wie bescheuert und in Trance drückte ich im Dauerfeuer den Auslöser meiner Kamera, um dieses unglaublich schöne Erlebnis irgendwie in Bildern festzuhalten zu wollen.
Hyazinthen-Aras im Wald der Piuval-Farm. (Pantanal)
Wie Traudi uns erzählte, werden Aras 70 bis 100 Jahre alt. Die Paare bleiben ein Leben lang zusammen, bis sie das Zeitliche segnen. Von den zurückgeblieben Aras sterben rund 90 Prozent an Sehnsucht. Traudi berichtete weiter das sie das Ara-Pärchen das wir hier im Wald besuchten, nun seit mehr als zwanzig Jahren kennt. Genauso lange wie sie als Reiseleiterin im Pantanal schon unterwegs ist.
Muff... Auch ein Brüllaffe kann mal schlechte Laune haben :) (Piuval / Pantanal)
Auch den nächsten Tag verbrachten wir auf dem etwa 7000 Hektar großen Land der Piuval-Lodge. Bei einer weiteren Safari mit dem Auto entdeckten wir im Sand die ersten Spuren eines Jaguar. Aufgeregt und mit Spannung blickten wir um uns herum, denn nur wenige Minuten zuvor musste die Raubkatze den Weg gekreuzt haben.
Als wir weiterfuhren entdeckte unser Fahrer Ivan dann noch die Spur einer riesigen Schlange. Doch auch diese hatte sich vorsorglich schon aus dem Staub gemacht. Im Wald trafen wir noch auf eine Gruppe Brüllaffen, die mit ihren Jungen in den Bäumen hing und uns neugierig beäugte.
Als wir das Ende der Piste erreichten, kamen wir an einen riesigen See, der in der Regenzeit so gut wie alles in der Umgebung überschwemmt. Zu Fuß machten wir uns auf den Weg zu einem Aussichtsturm, von dessen Plattform es einen fantastischen Blick über das riesige Feuchtgebiet gab. Hunderte Schmuckreiher, Kuhreiher, Graureiher, rosa Löffler, Störche und viele andere Vogelarten mehr, brüteten in den Bäumen, Büschen und Sträuchern des Sumpfes während sie lauthals und krakeelend schnatterten.