Australien - Northern Territory (06.-19. September 2019)
Unterwegs auf dem Stuart Highway - von Katherine nach Alice Springs
Nachdem wir unsere Runde durch den schönen Kakadu Nationalpark gedreht hatten, erreichten wir am 06.09.2019 die Stadt Katherine und legten dort einen Pausentag ein, um unsere Vorräte für die nächste Etappe entlang des Stuart Highway Richtung Süden wieder aufzustocken. Denn auf der folgenden Strecke gab es zwar laut Karte einige Roadhäuser und Tankstellenshops, doch die hatten in der Regel gepfefferte Preise. Von Kathrine bis zum nächsten Supermarkt waren es genau 675 Kilometer. Wir mussten uns also gut vorbereiten.
Australien - Northern Territory (September 2019)
Der Stuart Highway
Der Stuart Highway ist eine der wichtigsten Fernstraßen Australiens. In Nord-Süd-Richtung verbindet er die Städte Darwin (Northern Territory), Alice Springs (Red Center) und Port Augusta (South Australia). Er verläuft über eine Länge von rund 2700 Kilometer.
Mit den schwer beladenen Rädern machten wir uns am 07.09.2019 wieder auf den Weg, um den Stuart Highway weiter Richtung nach Süden zu folgen. Wieder hatten wir die Taschen voller Lebensmittel und jede Menge Wasser am Rad.
Trotzdem der Stuart Highway eine der wichtigsten Verbindungen ist, geht es auf ihm recht entspannt zu. Nur ab und zu zischten Autos, Camper und Roadtrains an uns vorbei. Auf dem tadellosen Asphalt rollte es sich super. Fast immer gab es einen Seitenstreifen auf dem wir sicher fahren konnten. Entgegen aller Befürchtungen gaben sich selbst die Fahrer der gewaltigen Roadtrains die größte Mühe, uns mit großem Abstand zu überholen. Immer wieder bekamen wir unterwegs von fürsorglichen Truckern, Campern und Touris Wasser, Cola und sogar Obst und Gemüse geschenkt.
Irgendwie fühlen wir uns auf der Straße inzwischen fast ein bisschen zu hause. Man grüßt, man hupt, man winkt sich gegenseitig zu und wedelt freudestrahlend mit den Flossen, als ob man sich schon jahrelang kennt. Selbst die rauen Trucker sind uns inzwischen ans Herz gewachsen. Rollen unsere Räder erstmal über den Highway, dann gehören wir in eine ganz eigene und spezielle Welt. Dann sind wir wieder „On the Road again“...
Der Verlauf des Stuart Highway durch Australien.
Auf der rund 1200 Kilometer langen Strecke zwischen Kathrine und Alice Springs radelten wir von einem Rastplatz, Roadhouse und Wildcampingplatz zum nächsten und lernten dabei viele nette und unterhaltsame Menschen kennen. Auch hier gäbe es viele Geschichten zu erzählen... Doch die wahren Highlights der langen Radtage durch die Wüste, waren immer die eiskalten Getränke und die wohlverdienten Duschen am Ende des Tages.
Oasen in der Wüste...
Witzige Roadhäuser und nette Rastplätze am Rande des 2700 Kilometerlangen Stuart Highway.
Hier vor dem Roadhouse „Barrow Creek“.
Die Roadhäuser am Highway sind meist eine Kombination aus Tankstelle, Supermarkt, Pub und Campingplatz.
Australien - Northern Territory (15. September 2019)
Die Devils Marbles (Karlu Karlu)
Devil’s Marbles (Murmeln des Teufels), sind eine heilige Stätte der Aborigines inmitten der australischen Wüste. Sie befinden sich in Zentralaustralien (Red Centre). Das Gebiet umfasst einige tausend runde Granitfelsen. Die Bedeutung des Begriffs Karlu Karlu ist rundes Objekt. Nach Überlieferung der Aborigines handelt es sich bei den Felsen um die Eier der Regenbogenschlange aus der Traumzeit. Die Stätte spielt daher in den Zeremonien und Legenden der Ureinwohner eine sehr große Rolle. Bei den meisten damit in Verbindung stehenden Ritualen und Geschichten handelt es sich um geheimes Wissen, welches Außenstehenden nicht zugänglich gemacht wird. Bekannt ist jedoch, dass die Ureinwohner davon überzeugt sind, dass Wesen aus der Traumzeit in den Höhlen unter Steinen wohnen.
Die Karlu Karlu (Devil‘s Marbles) im Davenport-Range-Nationalpark.
Erst zum Sonnenuntergang erreichten wir nach einem langen und heißen Tag auf dem Rad, nach rund 130 geradelten Kilometern, die wunderschönen Karlu Karlu (Devil‘s Marbles) im Davenport-Range-Nationalpark. Gerade noch rechtzeitig um die riesigen Murmeln aus Granit im warmen Abendlicht zu bestaunen. Als wir die wunderschöne Landschaft mit den runden und den leuchtend roten Gesteinsformationen entdeckten, waren wir völlig hin und weg, denn in dem Licht der untergehenden Sonne war die Stimmung einfach wundervoll. Bis zum Einbruch der Dunkelheit radelten wir um die unzähligen „Eier der Regenbogenschlange“ herum, fotografierten und saugten die einmalige Atmosphäre in uns auf. Die Nacht verbrachten wir auf dem tollen Campground im Nationalpark. Um uns herum machten viele Camper ein gemütliches Lagerfeuer. Und wie bestellt, beleuchtete der Vollmond mystisch die heilige Stätte der Aborigines.
Wunderschöne Gesteinsformationen.
Die Karlu Karlu (Devil‘s Marbles)
Australien - Northern Territory (19.- 26. September 2019)
Alice Springs
Alice Springs (von den Aussies nur liebevoll „Alice“ genannt) ist eine abgelegene Stadt im australischen Northern Territory. Sie liegt auf halbem Weg zwischen Darwin und Adelaide, die je 1.500 km weit entfernt sind. Da die Stadt auf der Nord/Süd-Durchquerung des „roten Kontinents“ so ziemlich genau auf der Hälfte liegt, war sie für uns ein weiterer großer Meilenstein und der perfekte Platz um einige Tage den Anker auszuwerfen, denn auch unsere müden Knochen benötigen dringend mal wieder Ferien.
Jubelnd, kreischend und triumphierend erreichten wir Alice am frühen Nachmittag des 19. September und konnten es kaum erwarten uns mit Fastfood, Cola, Eis, Schokolade und all den gnadenlos ungesunden Sachen zu verwöhnen.
Das Urbane Alice Springs ist ein sympathisches kleines „Kaff“ mit einer gut entwickelten touristischen Infrastruktur, denn die Stadt ist der perfekte Ausgangspunkt um Ausflüge in die Umgebung und in das rote Zentrum (Red Centre) zu unternehmen.
Der Anteil der in Alice Springs lebenden Aborigines beträgt circa 17 %.
In der überschaubaren City von Alice gibt es einige nette Cafés, Bars, Restaurants, Geschäfte und Kunstgalerien. Doch das Highlight war für uns auch hier wieder der riesige Supermarkt. Nach all den entbehrungsreichen Tagen auf dem Rad, schlemmten und tranken wir uns mehrmals täglich genüsslich durch die langen Regale.
Freudentänzchen bei der Ankunft in Alice Springs.
Australien - Northern Territory (19.- 26. September 2019)
Verrücktes Wetter in Alice Springs
Wochenlang waren wir nun durch die extreme Trockenheit und Hitze geradelt. Sämtliche Flussbetten auf der Strecke waren ausgetrocknet und bestanden nur aus Staub und Sand. Immer wieder fragten wir Einheimische wann es zum letzten Mal geregnet hatte. Wie wir dann erfuhren, war schon seit über zwei Jahren kein Tropfen mehr vom Himmel gefallen, denn auch hier in „Down Under“ macht sich die weltweite Klimaveränderung stark bemerkbar.
Doch bei unserer Ankunft in Alice schlug das Wetter plötzlich um. Schon im Wetterbericht hatten wir zuvor verwundert und skeptisch das Regenzeichen beäugt. Aber wie man uns jedoch belächelnd versicherte, würde es in Alice aber auf keinen Fall regnen!
In den darauffolgenden Tagen zogen über Alice jedoch dicke Wolken auf und die Temperaturen stürzten plötzlich rasant in den Keller. Bei nur noch bei 10 bis 13 Grad froren wir wie die Schneiderinnen und kramten deshalb widerwillig unsere warmen Sachen aus den Tiefen unserer Radtaschen heraus. Irgendwie schienen wir auf unserer Reise immer die außergewöhnlichsten Wetter der jeweiligen Regionen anzuziehen. Schon in der Atacama Wüste, der trockensten Wüste der Welt, hatte es bei unserer Ankunft geregnet und auf unserer Reise durch den Süden Brasiliens, waren wir bei außergewöhnlich winterlichen Temperaturen und Minusgraden fast erfroren. Und nun erlebten wir sogar den ersten Regen seit über zwei Jahren in Alice Springs. Der Regen begann mit Niesel bis er schließlich ununterbrochen auf die Erde niederprasselte. Nachdem die grauen, kalten Regentage vorüber waren, lag alles in Dunst und Nebel. Die Temperaturen stiegen langsam wieder an. Perfektes Timing... Nach gut einer Woche Auszeit machten wir uns mit den Rädern wieder auf den Weg in Richtung Süden.
Streetart in Alice Springs.
Australien - Northern Territory (September 2019)
Down Under
Warum man Australien als „Down Under“ (unten drunter) bezeichnet:
Eigentlich ziemlich logisch... Wenn man sich den Globus betrachtet wird man bemerken, dass Australien unterhalb des Äquators liegt und in einer Position "unter" vielen anderen Ländern. Als „Down Under“ bezeichnet man neben Australien jedoch auch die umliegenden Länder wie Neuseeland und weitere Inseln im Südpazifik.
Aborigines
Bevor wir nach Australien flogen (Nadine zum zweiten Mal), war der „rote Kontinent“ in unseren Träumen und Gedanken zuvor mit allerlei verklärten und romantischen Vorstellungen behaftet. Einige davon wurden zur Realität und andere wiederum entpuppten sich als Desillusion. Romane mit den Titeln wie: „Traumfänger“, „Traumreisende“, „Spuren“ und diverse kitschige Filme wie zum Beispiel der achtziger Jahre Kassenschlager „Die Dornenvögel“ (die alten Schachteln unter uns können sich vielleicht noch erinnern :) haben sicherlich ihren Anteil dazu beigetragen.
Von Anfang an waren wir jedoch fasziniert von den markanten und ausdrucksstarken Gesichtern der Ureinwohner Australiens und kamen nicht umher die Menschen regelrecht anzustarren. Wo auch immer uns Aborigines begegneten, waren sie uns bisher freundlich und wohl gesonnen. Niemals fühlten wir uns von Ihnen bedroht, vielmehr wecken sie unser Interesse.
Eindrucksvolle und markante Gesichter. (Aborigines im Northern Territory)
In Australien gibt es heutzutage circa 500.000 Aborigines, wovon rund dreiviertel in Städten leben. Die ursprüngliche Lebensweise, die Tradition und die spirituelle Traumzeit scheinen jedoch im Leben der Ureinwohner kaum noch eine Rolle zu spielen. Inzwischen bekennen sich sogar 73% zu einer christlichen Konfession. Schlappe 1,3% der Aborigines besitzen noch ihren ursprünglichen Glauben, wohingegen der Rest an gar nichts mehr zu glauben scheint.
Während unserer Reise durch den „roten Kontinent“ wurde uns schnell klar, dass die meisten der „First People“ nichts mehr mit ihrem früheren spirituellen und naturverbundenen Leben zu tun haben. Sie scheinen eher der Schandfleck des doch so sauberen Australiens zu sein. Mit großzügigen Spenden versucht man sie scheinbar bei Laune zu halten, um das eigene Gewissen reinzuwaschen. Jeder weiß es, aber niemand tut etwas dagegen...
Überdurchschnittlich viele Aborigines verbraten jeden Cent ihrer Sozialhilfe, um sich mit Alkohol und anderen Drogen zu betäuben. Oft sitzen sie verwahrlost und in Gruppen in den Ecken der Parks oder Einkaufszentren. Sie dröhnen sich zu und scheinen rein gar nichts mit sich und ihrer Umwelt anfangen zu können. Mit Geld kann nun mal keine Wunden heilen!
Für uns sind die Aborigines oft ein trauriger Anblick, denn Integration scheint nicht möglich zu sein. In den Städten kann man häufig beobachten, wie die Polizei mit einem Fahrzeug, auf dem sich eine Art Zwinger oder Minigefängnis befindet, betrunkene Aborigines aus dem Stadtzentrum abtransportiert, um sie von den Fußgängerzonen fernzuhalten.
Man sieht die Ureinwohner eher selten in einer öffentlichen Institutionen oder irgendeinem anderen Durchschnittsjob arbeiten. Mit etwas Glück sieht man sie gelegentlich als Ranger, Bauarbeiter, Handlanger in Bekleidungsgeschäften oder als Straßenmusiker. Jedenfalls ist klar, dass die Traumzeit in weite Ferne gerückt ist und es sieht auch nicht so aus, als würde sie in absehbarer Zukunft wieder eintreten.
Australien - Northern Territory (September 2019)
Der Uluru (Ayers Rock)
Der Uluru liegt im Uluru-Kata-Tjuta-Nationalpark, in dem sich auch die benachbarten Felsformationen Kata-Tjuta (Die Olgas) befinden. Der Berg ist ein gewaltiger Sandsteinmonolith mit einem Umfang von rund 9 Kilometern. Er befindet sich inmitten des trockenen roten Zentrums Australiens und erhebt sich rund 348 Meter über der flachen Wüstenlandschaft. Bei europäischstämmigen Australiern und außerhalb Australiens ist meist die englische Bezeichnung Ayers Rock satt Uluru für den Berg üblich. Auf Grund seiner spirituellen Wichtigkeit für die Traumzeit-Erzählungen der Aborigines bzw. Anangu, gilt der Uluru als heilige Stätte. Nach dem Glauben der Aborigines kreuzen sich an ihm zahlreiche Traumzeit-Pfade, die die heiligen Orte auf dem ganzen Kontinent miteinander verbinden. Jede Spalte, Höhle und Wasserstelle auf der Oberfläche des Uluru hat ihre eigene Bedeutung. Manche sind derart heilig, dass über sie nicht gesprochen werden darf.
Da der Uluru (Ayers Rock) als eines der bekanntesten Wahrzeichen Australiens gilt, pilgern jährlich eine viertel Million Besucher zu ihm. Durch den entstandenen Massentourismus besteht jedoch ein großer Interessenkonflikt zwischen den Anangu und der australischen Regierung. Streitpunkt war bisher vor allem die Besteigung des Felsens. Doch nun gab es für die Aborigines einen ersten großen Erfolg, denn ab dem 26. Oktober 2019 ist das Besteigen des Uluru endgültig verboten. Damit wird den kulturellen Traditionen der Aborigines ein kleiner würdiger Respekt erwiesen, denn wer den Uluru besucht muss sich in den Augen der Aborigines entscheiden, ob er eine Ameise (Minga) werden will und den Felsen besteigt, oder die Variante der Aborigines wählt, und das Naturschauspiel vom Boden aus bewundert. Wir Radmiezen mussten nicht lange überlegen und entschieden uns natürlich für das Bodenschauspiel.
Australien - Northern Territory (27.September - 04.10.2019)
Die Magie des Uluru - Realität oder Einbildung?
Mit großen Erwartungen im Gepäck machten wir uns mit den Rädern von Alice Springs auf den 470 Kilometer langen Weg zum Uluru, denn auch wir wollten die Magie des heiligen Berges spüren und uns in seinen Bann ziehen lassen.
Die einzige asphaltierte Straße, die zu dem imposanten Felsen führt, ist der Lasseter Highway. Dieser verbindet den Uluru über den Stuart Highway mit Alice Springs und damit dem Rest Australiens.
Bevor wir den Uluru erreichten, bekamen wir auf einem Campingplatz von einem liebevollen älteren Ehepaar, die Eintrittskarten für den Nationalpark im Wert von 50,- australischen Dollar geschenkt. Wieder konnten wir unser Glück kaum fassen und freuten uns riesig über dieses tolle Präsident.
Im Hintergrund der eindrucksvolle Mt. Conner (Attila), der auf dem Weg zum Ayers Rock liegt. Der Berg ist bei Touristen die häufigste Verwechslung mit dem Uluru.
Der Tafelberg Mount Conner wird auf ein Alter von circa 700 Millionen Jahre geschätzt.
Inzwischen kurbelten wir schon den fünften Tag bei schlappen 39 Grad im Schatten (den es allerdings nirgends gab) durch die Wüste und den Highway entlang, als es dann endlich soweit war. Der mächtige Uluru erschien am Horizont. Während Elli sich einfach nur lautstark und jubelnd auf ihrem Drahtesel darüber freute, ergriffen mich plötzlich unerwartet heftige Emotionen. Tausend Sachen schossen mir durch den Kopf und lösten dabei eine Welle der Gefühle aus. Inzwischen waren wir auf unserer Reise fast 20.000 Kilometer weit geradelt. Irgendwie konnte ich es kaum fassen und musste an all die schönen Erlebnisse, jedoch auch an all die körperlichen Entbehrungen, Strapazen und Lebensumstände denken, die uns überhaupt erst hierher gebracht hatten. Zu Ellis großer Verwunderung heulte ich plötzlich drauf los und konnte garnicht mehr aufhören. Für Minuten hatte ich trotz der enormen Hitze Gänsehaut am ganzen Körper. An einem Aussichtspunkt stiegen wir dann vom Rad. Voller Stolz und Wehmut fielen wir uns gratulierend in die Arme. Still sahen wir eine Zeitlang in die Ferne und blickten ehrfürchtig auf den heiligen Berg. Ganz gewiss ein Erlebnis, dass niemand so intensiv erleben kann, der mit dem Auto zum Uluru fährt...
Eindrucksvolle Landschaft im Uluru-Kata-Tjutas-Nationalpark.
Wunderschöne Felsformationen und Strukturen am Uluru.
Blick auf die Kata-Tjutas (Die Olgas).
An diesem Tag radelten noch weitere 30 Kilometer, bis wir den Ort Yularan in der Nähe des Nationalparks erreichten. Wir beschlossen den Uluru erst am nächsten Tag mit dem Sonnenaufgang zu besichtigen.
Auf dem Zeltplatz in Yulara war die Hölle los. Es herrschte regelrechte Volksfeststimmung, denn scheinbar wollte die ganze Welt nochmal auf dem Berg herumtrampeln, bevor er für die Besteigung geschlossen wurde.
Am nächsten Tag saßen wir schon gegen 5.00 Uhr morgens wieder auf den Rädern, um mit all den anderen Menschen bei Sonnenaufgang am Uluru zu sein. Gute 25 Kilometer waren bis zu dem Berg noch zurückzulegen. Wir gaben also Gas und fuhren auf der Straße durch die Dunkelheit, während der Sternenhimmel noch über uns leuchtete. Einige der Touristen die in ihren Campern und Autos an uns vorbeibretterten, waren jedoch scheinbar so unausgeschlafen, dass sie uns viel zu dicht und waghalsig überholten und vor Aufregung sogar vergaßen das Licht an ihrem Fahrzeug einzuschalten.
Die Luft am Morgen war noch kühl. Langsam erhellte sich der Horizont und der Uluru zeigte allmählich seine wunderschöne Silhouette während wir dem Berg weiter entgegenradelten. Als die Sonne aufging, leuchtete der rote Felsen des Berges in einem warmen orange. Das sanfte Morgenlicht tanzte auf den Steinen und vervielfältigte die vielen Farbtöne. Durch die Eisenoxidverbindungen im Gestein strahlt der Uluru je nach Stand der Sonne, orange, flammend rot, purpurrot, violett oder auch braun. Ein wahres Naturschauspiel...
Je näher man dem Uluru kommt, desto beeindruckender werden seine gewaltige Größe und seine Strukturen.
Als wir die Ostseite des Uluru erreichten, war es schon hell. Wir parkten unsere Räder und machten uns zu Fuß auf den Weg, um den riesigen Fels auf gut 9 Kilometern zu umrunden. Außer uns waren schon erste Reisegruppen und merkwürdig posierende Chinesen, die sich vor irgendwelchen Schautafeln für die Lieben daheim verrenkten, unterwegs. Trotzdem versuchten wir ein wenig von der Magie des Uluru und der Aura die ihn trotz allem zweifellos umgab, zu erhaschen. Doch es dauerte nicht lange bis wir von Familien auf Leihfahrrädern mit quengelnden Kindern und Gruppen von Touristen auf E-Scootern überholt wurden. Als wir schließlich die Westseite des Uluru erreichten, starb in uns jedoch auch der letzte Funke Hoffnung das gute Karma des Uluru zu spüren. Mit Entsetzen sahen wir zu, wie hunderte von Menschen den heiligen Berg, gleich einer überfüllten Ameisenstrasse respektlos bestiegen. Elli brachte es mit Worten auf den Punkt und meinte: „Die massenhafte Besteigung des Uluru wäre ungefähr vergleichbar, wie wenn die Menschen im Petersdom neben den Altar pinkeln würden“... Und trotzdem taten es tausende!!! Das reinste Disneyland. Von spiritueller Atmosphäre keine Spur!
Touristenmassen besteigen den Uluru gleich einer Ameisenstraße.
Gegen Mittag entspannte sich die Lage am Uluru, denn der Trampelpfad wird bei zu großer Hitze geschlossen. Insgesamt kamen bisher 37 Menschen beim Besteigen des 348 Meter hohen Berges im laufe der Jahre ums Leben.
Australien - Northern Territory (02. - 04. Oktober 2019)
Der Stein des Uluru
Aus irgendeinem bescheuerten Grund, steckte ich (Nadine) beim umrunden des Uluru einen Stein als Souvenir in die Tasche. Doch es dauerte nicht lange, dann beschlich mich ein merkwürdiges und ungutes Gefühl, dass mit der gleichen Respektlosigkeit wie der Besteigung des Berges einherging. Daraufhin kramte ich den Stein wieder aus dem Rucksack heraus und legte ihn zurück. Zum Glück... Denn wie wir später gelesen hatten, ist es für die Aborigines ein unfassbares Sakrileg, Steine des heiligen Felsens als Souvenirs mit nach Hause nehmen. Die "Diebe" bleiben nicht ungestraft: In vielen Mythen ist von der Rache des Uluru die Rede, die Steine des Felsens sollen Unglück bringen. Täglich gehen bei den Rangern des Nationalsparks sogar Päckchen und Briefe ein, indem verzweifelte Absender darum bitten, man möge die beiliegenden Steine an ihren ursprünglichen Platz zurücklegen. Danach soll das Unglück von den Steindieben ablassen. Nochmal Schwein gehabt... :)
Nachdem wir den UIuru besichtigt hatten, bekamen wir in der darauffolgenden Nacht in unserem Zelt unliebsamen Besuch. Wie aus einem Albtraum heraus schreckte ich (Nadine) um drei Uhr Nachts aus dem Schlaf heraus, denn irgendetwas hatte mich am Hals bekrabbelt und gebissen. Ich wusste nicht was es war, doch ich hatte es sogar noch kurz zu greifen bekommen. Im ersten Moment hoffte ich, dass ich das alles nur geträumt hatte, doch der Biss am Hals war Realität. Etwas panisch und aufgeschreckt machten wir im Zelt Licht und versuchten mit müden Augen das Tier zu finden. War es vielleicht eine Spinne oder ein Scorpion? Der Biss am Hals brannte inzwischen wie Feuer und schwoll an, ungefähr so wie ein Wespenstich. Vorsichtig durchsuchten wir das Zelt und hofften das das Tier nicht giftig oder gefährlich war. Irgendwann entdeckten wir dann einen circa 8cm langen, gelblichen und sauschnellen Hundertfüßer. Geschickt fingen wir das Krabbeltier ein und schmissen es aus dem Zelt. Doch die Nacht war gelaufen. Vorsorglich googelten wir uns erstmal durch die Fauna Australiens, damit wir sicher gehen konnten, dass der Biss des Tieres nicht lebensbedrohlich war. Ganz nebenbei entdeckten wir dabei auch die Spirituelle Bedeutung des Hundertfüßers, die gerade ach so gut in das wahre Leben passte... Zufall???
Unliebsamer Besuch in unserem Zelt. Ein Hundertfüßer. (Centipede)
Nach dieser ausgesprochen kurzen Nacht und dem schreckhaften Erwachen, machten wir uns schon um 6.00 Uhr morgens müde mit den Rädern wieder auf den Rückweg in Richtung Stuart Highway. Wir konnten es kaum erwarten den Ort Yulara und die merkwürdige Atmosphäre die ihn und den Uluru umgab wieder zu verlassen. Irgendwie lag für uns etwas unbehagliches und nahezu bedrohliches in der Luft.
Schweigend radelten wir nachdenklich und traurig vor uns hin. Enttäuschung über den fehlenden Respekt und die fehlende Umsichtigkeit der Menschen gegenüber den Aborigines und den Wundern der Natur machte sich in uns breit. Beim Fahren blickten wir uns immer wieder um und waren regelrecht erleichtert, als der Uluru allmählich hinter uns am Horizont verschwand. Das Erlebte beschäftigte uns noch viele Tage.